Vendôme ist das Ziel…
…das hatten wir uns vorgenommen, bis Vendôme wollten wir unbedingt fahren.
Womit, mit unserem kleinen NSU-Wankel-Spider mit Namen "Felix".
Aber mal der Reihe nach:
Vendôme liegt im Westen Frankreichs und ist die Partnerstadt von Gevelsberg, (ca. 720 km entfernt) schon seit 30 Jahren, bzw. jetzt 31 Jahren, und ich war noch nie dort. Das ist eigentlich ein Manko. Man kann überhaupt nicht mitreden! Die Idee entstand, als eine Gruppe von 70 Personen des Skiclubs Gevelsberg im Jahr 2003 über Pfingsten eine mehrtätige Fahrt mit dem Fahrrad!!!! von Gevelsberg nach Vendôme zur 30-Jahr-Feier durchführte und die örtliche Zeitung jeden Tag in verschiedenen Artikeln darüber berichtete und ich, als Skiclub-Mitglied, von anderen, die mitgefahren sind, erfuhr, wie toll dies war. Da sagten wir uns, mein Mann und ich, eines sehr heißen Samstagnachmittags auf unserem Balkon bei einem Gläschen Bier: Warum fahren wir eigentlich nicht mal mit unserem NSU Wankel-Spider nach Vendôme?
Richtig, warum eigentlich nicht, aber in einem Tag, nur über die Autobahn düsen, das wollten wir nicht. Nein, wenn schon, machen wir das ganz gemütlich in mehreren Etappen. Damit wir auch was sehen, und außerdem fiel mir ein, dass es 2004 genau 40 Jahre her sein würde, dass ich als Austauschschülerin in Frankreich war. Und zwar in der Champagne, genauer gesagt in "Marsangis", zwischen Sézanne und Anglure, unweit von Châlons-sur-Marne bei einer Familie Picard. Die hatten damals eine Landmaschinen-Werkstatt und mir hat es bei ihnen sehr gut gefallen. Dorthin möchte ich eigentlich auch gern noch einmal und schauen wie es heute aussieht…
Kaum gesponnen, begann mein Mann, Hans-Peter, als ausgebildeter Pfadfinder, die Route zu planen. Er meinte also, am ersten Tag fahren wir bis Trier und dann weiter über Verdun, dann in die Champagne und dann so weiter, vielleicht über Troyes und zurück evtl. über Versailles, Paris und dann durch Belgien zurück nach Deutschland. Bei solchen Planungen ist er ganz in seinem Element.
Somit verbrachten wir im tropischen Sommer 2003 zahlreiche Stunden im kühleren Wohnzimmer vor dem PC und stellten mit dem Routenplaner unsere Tagesetappen zusammen.
Als Zeitpunkt legten wir nach einigem Hin und Her die Woche vom 17. Juli – 25. Juli 2004 fest, zum einen weil ich damals auch im Juli in Frankreich war und zum anderen weil es dann abends noch länger hell ist.
Nach vielen, vielen Vorbereitungen starteten wir am:
17. Juli 2004 : - Gevelsberg – Trier – 325 km
Was hatten wir doch für ein Glück mit dem Wetter! Nach tagelangen Regenfällen strahlte am Samstagmorgen die Sonne vom Himmel. Das freute uns natürlich sehr und wir fuhren gegen 9.00 Uhr mit dem vollbepackten Spider auf die Autobahn Richtung Blankenheim. Unterwegs zogen immer mehr Wolken auf, aber es blieb noch trocken. Der Spider schnurrte wie ein Kätzchen ssss…, ssss…. Er freute sich ebenfalls sichtlich, dass es endlich losging. In der Eifel kamen plötzlich die ersten Tropfen. Wir fuhren schnell unter dem Regen hinweg, leider wurden wir nach einiger Zeit von einem dahinzuckelnden Wohnmobil aufgehalten, so dass wir schleunigst das Verdeck schließen mussten, was jedes Mal eine umfangreiche Packerei bedeutete. Spider-Besitzer wissen Bescheid!
Nach heftigem Regenguß klärte sich gegen Mittag an den Maaren der Himmel wieder auf. Über Daun ging es nach Bausendorf, von dort nach Ürzig hinunter in das Moseltal. Faszinierend das Herauskommen aus den Eifel-Wäldern und dann die Abfahrt nach Ürzig. Rechts und links die Weinstöcke bis an die Straße heran. Der Blick ins Moseltal ist einzigartig. Dann weiter Richtung Bernkastel-Kues, über Brauneberg, Trittenheim, Piesport nach Trier. Ein bisschen Suchen nach unserem Hotel, wo wir sehr freundlich aufgenommen wurden. Gegen Abend machten wir einen Stadtbummel durch die Altstadt bis hin zur Porta Nigra, wurden aber dort auch schon wieder durch Donnergrollen und dunkle Wolken daran erinnert, dass ein heftiger Regen nahte. In Windeseile zurück, leider reichte es nicht und wir mussten uns erst einmal unterstellen und dann in Etappen von Haustür zu Haustür bis zum Hotel, wo wir uns das Abendessen gut schmecken ließen.
Der Spider lief ohne Probleme und wir hofften, dass die nächsten Tage ebenfalls ohne Pannen (beim Spider und bei uns) verlaufen würden.
18. Juli 2004 : - Trier – Châlons-sur Marne (Châlons-en-Champagne) – 275 km
Der Tag des Trainings im "Verdeck-öffnen - Verdeck-schließen"
Am Morgen in Trier war es bedeckt, aber trocken, wir sind aber geschlossen gefahren, immer an der Mosel entlang, über Schengen, wo wir das Mahnmal besichtigten, dass dort am Ufer steht, wo seinerzeit das "Schengener Abkommen" auf einem Schiff unterzeichnet wurde, Richtung Thionville. Dort begann das große Suchen nach der richtigen Straße, die wir uns auf unserer Karte herausgewählt hatten. Leider stimmten die Ortsschilder mit unserer Karte nicht überein. Außerdem stehen in Frankreich die Schilder an den unmöglichsten Stellen, ganz unten oder ganz links, so dass man sie erst im letzten Augenblick erkennt. Es war eine endlose Sucherei von ca. 1 Stunde und wir waren immer noch in Thionville!
Dann kam auch noch das Unwetter. Es goß wie aus Kübeln, so dass wir rechts ran fahren mussten, weil der Spider total beschlagen war und wir nichts mehr sahen, außerdem tropfte es an den Seitenscheiben hinein. Aber wir sind ja spider-erfahren und hatten Tücher zum Abputzen dabei. Es hieß abwarten, bis es trockener wurde. Nach ca. 20 Minuten sitzen und putzen im Auto waren wir klatschnaß geschwitzt. Der Innenraum entwickelte sich zur Sauna. Endlich konnten wir weiterfahren und fanden auch die richtige Straße nach Verdun.
Vorher besichtigten wir das Fort Douaumont und anschließend das Monument von Verdun.
Jetzt hatte der Himmel sich wieder aufgeklärt und wir konnten das Cabriofahren genießen.
Weiterfahrt nach Châlons-sur-Marne, leider fing es wieder an zu gießen. Also alles wieder umpacken und Verdeck schließen. Den letzten Kilometer fuhren wir dann geschlossen und schwitzten lieber bis zum Hotel. Spider gut gelaufen, wir sind auch noch fit. Wetter klärt sich jetzt auf.
19. Juli 2004 : - Châlons-en-Champagne – Provins – 225 km
Heute morgen lacht die Sonne vom Himmel. Auf geht's zur Cathédrale de Reims. Fahrt von Châlons-sur-Marne über die Nationalstraße Richtung Reims. Dort an einer Abfahrt ein Schild: "Centre" und darunter "Hospilitaire". Eh ich mich versah, fuhr H. P. dort ab, weil er meinte, es ging dort zu Innenstadt. Leider landeten wir vor einem großen Krankenhaus. Das war falsch!!!
Also wieder retour auf die Nationalstraße und dann weiter gefahren bis zum Schild "Centre Ville". Dort ab, und dann an einer Ampel kam glücklicherweise eine alte Dame vorbei, die sich über den Spider freute. Gefragt: "Wo ist die Cathédrale?". Sie antwortete: "A gauche, à gauche" (links, links). Wir glaubten es nicht, fuhren aber trotzdem links und sahen plötzlich die großartige Kirche direkt vor uns am Ende der Straße. Ein toller Anblick. Wie immer fand H. P. sofort einen Parkplatz. Dann Cathédrale besichtigt, danach Weiterfahrt nach Epernay. Die Beschilderung in Reims war so, dass wir auf der N 51 landeten, das war der reinste Horror, alle rasen wie wahnsinnig und dann noch die vielen Lkws. So konnten wir nicht weiterfahren! Plötzlich sahen wir ein Schild: "Route de Champagne" links ab, das taten wir umgehend und fanden doch tatsächlich ein Schild Richtung Epernay. Dort wollten wir hin! So kamen wir in die Champagne und hielten an, um den Blick auf die vielen unendlichen Weinberge zu genießen.
In Epernay angekommen fragten wir nach der Kellerei "Moet et Chandon", die wir dann besichtigten. Wer das noch nie gemacht hat, hat etwas versäumt, 28 km Kellergänge, 1750 ausgeschachtet, bieten Platz für ca. 2 Millionen Flaschen, die entsprechend dem Reifungsprozeß dort gelagert werden. Am Ende der Führung noch ein Glas Champagner für jeden und dann wieder raus auf den Hof. Dort war der Spider von einigen Leuten umlagert und wir mussten ein paar Fragen beantworten. Wir fuhren beschwingt weiter auf der "Route de Champagne" mitten durch die Weinberge, wo stellenweise Arbeiter die Weinreben in Form schnitten. Der Blick und die Sonne (es war auf einmal sehr heiß) alles passte wunderbar zusammen und wir waren sehr zufrieden. Genauso hatten wir es uns vorgestellt! Heute hatten wir Glück mit dem Wetter. Unterwegs hielten wir mehrmals an, um die Landschaft zu genießen, aber einmal roch es beim Parken rechts am Straßenrand doch sehr nach verbranntem Gras. Hu, hu, schnell rein ins Auto und weg, bevor die Champagne abbrennt!!!
Wir folgten der "Route de Champagne" bis Sézanne. Leider mussten wir die Hinweisschilder manchmal auf der Erde suchen. In Sézanne fragten wir nach dem Weg nach Anglure und begaben uns auf die Fahrt dahin. Die Bäume sind groß geworden in den vergangenen 40 Jahren, die Straße hat man etwas umgelegt und erneuert. Aber sonst war alles genauso einsam wie damals, als mich die Picards (meine Austauschfamilie) mit dem Auto vom Bahnhof abgeholt hatten. Damals kam mir die Fahrt genau wie heute endlos vor. Rundherum nur Felder, Felder, Felder. Die Dörfer sind stellenweise 15 km auseinander. Ab und zu fährt man gegen den Himmel. O Gott, wenn der Spider jetzt ausfällt! Der schnurrte aber unermüdlich weiter und wir fragten uns, ob man wohl das Dorf "Marsangis" platt gemacht hatte. Endlich endlich, ein Hinweisschild "Marsangis". Es ist also doch noch da, das kleine Dörfchen, ca. 10 Häuser, nur die Straße lief etwas anders, also rein in den Ort und das Haus der Picards gesucht. Am Ende der Straße erkannte ich es sofort wieder.
Wir fuhren auf den Hof und trafen auf eine junge Frau, die sich als Schwiegertochter herausstellte. Sie holte dann die "Maman", die kam aus dem Haus gerannt und erinnerte sich sofort wieder an mich. Die Wiedersehensfreude war auf beiden Seiten groß. Papa wurde auch geholt, und der kleine Sohn, jetzt natürlich erwachsen, musste auch herbeikommen (heute führen beide Söhne die kleine Werkstatt). Leider war die einzige Tochter, mit der ich damals befreundet war, nicht zu Hause. Sie wohnt heute in Montargis (ca. 70 km entfernt) und war in Urlaub gefahren. Ich hatte alte Fotos mitgebracht und wir wurden hereingebeten und bleiben ca. 1,5 Stunden. Dann gingen die Eltern noch hinaus mit uns auf den großen Hof und Papa Picard begutachtete den Spider. So einen Motor hatte er noch nie in seinem Leben gesehen und auch nie davon gehört! Er schüttelte nur den Kopf, konnte nicht glauben, dass dieses Auto überhaupt fährt! Überschwenglich war der Abschied; dass beide Elternteile noch leben, hat mich sehr gefreut.
Da es schon ca. 19.30 Uhr war, mussten wir zu unserem Hotel in Provins weiterfahren. wo wir gegen 20.00 Uhr eintrafen. Das war ein toller Tag für mich und wir redeten bei einem Abendessen (nicht ganz so gut) und einem Gläschen Wein noch lange darüber. Unser kleiner Felix ist heute wieder super gelaufen.
20. Juli 2004 : - Provins – Vendôme – 271 km
Nach einem schweren Gewitter in der Nacht war der Morgen naß und bedeckt. Im Zimmer war es sehr warm gewesen, daher freuten wir uns sogar ein wenig über die Abkühlung. Wir starteten morgens über Sens nach Montargis, dann von der Nationalstraße runter und über Nebenstraßen nach Chambord zum Chateau. Dieses Schloß ist wohl das beeindruckendste aller Schlösser in Frankreich. Von dort Weiterfahrt nach Blois, über die große Loire-Brücke und dann zügig auf der Nationalstraße Richtung Vendôme. Vor einem der zahllosen Kreisverkehre bildete sich ein kleiner Stau. Grund dafür war ein im Kreisel umgekippter Sattelschlepper. Wir konnten daran aber vorbeifahren. Was ein Glück, wenn man ein kleines Auto hat. Wir hatten noch nie einen so riesengroßen LKW auf der Seite liegend gesehen. In Vendôme angekommen, fragten wir beim Office de Tourisme nach einem Quartier. 2 Telefongespräche später hatten wir ein ziemlich großes Zimmer in einem ruhig gelegen Hotel. Was wollten wir mehr. Wir packten aus und hüpften unter die Dusche, denn es war den ganzen Tag sehr heiß gewesen, so daß wir immer offen fahren konnten.
Anschließend machten wir uns zu einem Stadtbummel auf und ließen den Tag bei einem guten Essen beim Italiener ausklingen. Felix war wiederum super gelaufen, nur wir sind etwas geschafft, aber jetzt bleiben wir ja 4 Tage in Vendôme!
21. Juli 2004 : - Vendôme – Chartres – Vendôme – 188 km
Nach einem sehr sparsamen französischen Frühstück in unserem Hotel machten wir nochmals einen Spaziergang durch unsere Partnerstadt. Leider fanden wir nirgendwo einen Hinweis auf diese "Jumelage". das hat uns doch sehr gewundert. Hier in Gevelsberg ist an jedem Ortseingangsschild ein Hinweis auf die Städtepartnerschaft. Ähnliche Schilder hatten wir in Frankreich auch schon gesehen, aber in Vendôme war nichts dergleichen.
Wir wussten, dass ein Gevelsberger Künstler vor Jahren ein Kunstwerk angefertigt hatte, dass auch dort mit großem Tamtam aufgestellt worden ist. Hier bei uns wird über alles aus Vendôme in der örtlichen Zeitung immer ausführlich berichtet. Auch dieses Kunstwerk fanden wir nicht. Nach Stunden des Herumrennens waren wir es leid, und beschlossen am Samstag noch mal woanders zu suchen.
Da es wiederum unheimlich heiß war, fassten wir den Entschluß mit dem Spider nach Chartres zu fahren und machten uns auf den Weg. Leider führt nur die N10 dorthin, was durch die vielen LKWs ziemlich staubig und laut ist. Aber es sind ja nur knapp 80 km. Endlich waren wir da. Die Cathédrale ist beeindruckender als die in Reims und auch wesentlich größer. Sie sieht von jeder Seite anders aus. Wir spazierten herum, hinein und machten einige Fotos. Das übliche Programm. Gegen Abend fuhren wir zurück, wieder über die N10 und wurden unterwegs mal wieder von einem Gewitter überrascht. Felix lief tadellos und wir sind auch wieder fit.
22. Juli 2004 : - Vendôme – Blois – Tours – Vendôme – 238 km
Morgens früh bedeckter Himmel und wir fürchteten schon schlechtes Wetter, aber es klärte sich gegen 11.00 Uhr plötzlich auf und dann war es auf einmal sehr heiß. Wir beschlossen, eine Fahrt längs der Loire zu machen und uns die verschiedenen Schlösser anzusehen. Von Vendome wieder nach Blois, wo wir das erste Chateau besichtigten; wir sind aber nur herumgelaufen und nicht rein gegangen, denn wir wollten ja noch weiter. Blois hat ein sehr gut restauriertes, riesiges Schloß.
Dann weiter nach unserer Karte die Nebenstrecke längs der Loire gesucht und nach einiger Zeit auch gefunden und nun stromabwärts bis Chénonceau. Das ist ein süßes kleines "Schloß der Damen", wo Cathérine de Medici lange Zeit gelebt hat. (Hätte ich auch gern gehabt). Auf der Fahrt dorthin jagte uns Felix plötzlich einen Riesenschreck ein. Nach einer Essenspause sprang er auf einmal nicht mehr an. Es half nichts. Da ich ja den Mechaniker in Gestalt meines Mannes dabei habe, machte ich mir keine Sorgen. H. P. überlegte kurz, und baute dann einen neuen Spritfilter ein. Aber immer noch kein Anspringen. Dann zerlegte er die Benzinpumpe, blies hinein und, welch Wunder, er sprang wieder an.
Kurz vor dem Schloß Chénonceau nach einem Tankstop das gleiche Problem: Kein Benzin! H. P. hat ja alles dabei, also wurde die Benzinpumpe gewechselt. Danach lief er wieder problemlos bis kurz vor Tours, dort überquerten wir die Brücke über die Loire und bewegten uns auf der anderen Seite stromaufwärts. Alles lief glatt, bis kurz vor Blois. Mitten während der Fahrt ging er aus. Wiederum kein Benzin. H.P. öffnete die Benzinpumpe, eine Membrane im Pumpengehäuse ging nicht richtig in die Ausgangsstellung zurück, er stocherte mit dem Schraubendreher daran herum. Also am Straßenrand Benzinpumpe nochmals zerlegt und wieder zusammengebaut. Dann sprang er wieder an. Aber dann, oh Schreck, hinten links ein großer Fleck auf dem Erdboden. H. P. stellte einen Wasserverlust fest. Diagnose: Lötstelle am Öl-Wasserkühler undicht. Wir hatten noch eine leere 1,5 Liter Wasserflasche, die konnten wir an einer Tankstelle mit Wasser füllen und H. P. kontrollierte von nun ab regelmäßig den Wasserstand und ergänzte gegebenenfalls den Vorrat. Da es inzwischen schon Abend geworden war, beschlossen wir in einem direkt an der Loire liegenden Restaurant etwas zu essen. Wir hatten von der Terrasse einen herrlichen Blick auf den träge dahin fließenden Fluß, der das einzige natur belassene Gewässer in Europa ist. Während des Essens immer die Sorge, ob Felix gleich wohl anspringt? Aber er machte keinen Ärger mehr. Das hätte noch gefehlt, ein vollbesetztes Lokal, und dann irgendwelche Zicken auf dem Parkplatz. Nein, nein, das wollte er wohl nicht; als wenn nichts gewesen wäre, schnurrte er mit uns nach Vendôme zurück.
Fazit: Heute ein aufregender, aber trotzdem erlebnisreicher, wundervoller Tag. Wir bestellen uns noch ein Fläschchen Wein aufs Zimmer, und fallen dann todmüde ins Bett.
23. 7. 2004 : - Vendôme – Le Mans – Vendôme – 224 km
H. P. wußte, daß an diesem Freitag in Le Mans die Historic Classic beginnt und da Le Mans nur 80 km von Vendôme entfernt ist, hatten wir schon vorher beschlossen, dorthin zu fahren. Man kommt ja nicht jeden Tag hin…
Am Morgen wiederum bedeckter Himmel, aber abermals um 11.00 Uhr Aufklären und dann wieder mal sehr heiß. Durch kleine, stellenweise wirklich schöne und saubere französische Dörfer fahren wir nach Karte bis Le Mans. Dort fanden wir auch relativ schnell die Rennstrecke. Ist sogar gut beschildert. Die Parkplatzsuche dauerte etwas länger, da uns die Ordnungskräfte von links nach rechts schickten, aber nach dreimaligen Hin- und Herfahren durften wir auf einer großen Wiese den Wagen abstellen, gegen eine Gebühr von 10,00 €. Nach den gestrigen Pannen hatten wir schon das Schlimmste befürchtet, aber Felix lief heute problemlos, ohne irgendwelches Bocken. Nur das Wasser musste regelmäßig nachgefüllt werden. Wir hatten inzwischen mehrere 1,5 Liter Plastikflaschen vorsorglich im Zimmer mit Wasser gefüllt, so daß dies kein Problem bedeutete. H. P. war ratlos, was wohl gestern los war. Aber was soll es, wir nahmen es so hin.
An der Rennstrecke kauften wir Eintrittskarten für diesen Freitag für 10,00 € plus einer Zusatzkarte für das Fahrerlager, (15,00 €) jeweils pro Person. Diese Investition lohnt sich wirklich. Für Leute, die sich für Historische Rennautos interessieren, ist Le Mans ein Muß. Die Rennfahrzeuge sind im Fahrerlager nach Klassen und Startnummern ordentlich nebeneinander aufgestellt und man kann ganz nah heran und auch mit den Fahrern oder Mechanikern reden. Wir waren gegen Mittag da und es liefen noch nicht so viele Zuschauer herum, so dass wir von Alfa Romeo bis Porsche Prototyp, Sportwagen, Tourenwagen alles eingehend besichtigen konnten. H. P. war hin und weg. NSU-Fahrzeuge haben wir leider vergeblich gesucht. aber der ganze neue Audi A 6 war als "Medical Car" im Einsatz. Nach mehreren Stunden Herumlaufen hatte ich die Beine bis unter die Arme und war es leid. H. P. wäre gern noch geblieben, aber gegen 17.00 Uhr konnte ich ihn endlich von den Autos wegziehen. Zurück folgten wir den Hinweisschildern Richtung Tours und landeten plötzlich auf der "Hunaudière–Geraden", wo am Straßenrand Männer damit beschäftigt waren, Umleitungsschilder aufzustellen, weil nach 19.30 Uhr die Rennfahrer über diese öffentliche Straße rasen. Wären wir nur eine halbe Stunde später zurückgefahren, hätten wir sicherlich einen riesengroßen Umweg fahren müssen. H. P. freute sich diebisch über diese Straße und gab kräftig Gas, aber die Geschwindigkeit von über 300 km/h, wie sie die Audi-Fahrzeuge bei den 24-Stunden fahren, haben wir nicht erreicht. Ich musste ihn bremsen und sagte zu ihm: "Du bist hier nicht in einem Rennauto!"
Dann etwas langsameres Zurückfahren, diesmal über die Nationalstraße nach Vendôme. Felix freute sich auch sichtlich und er schnurrte heute wieder wie ein Kätzchen. Wetter war gut, ich hatte einen kleinen Sonnenbrand auf und viele Abgase in der Nase, und während der Hinfahrt sind wir von einem Rolls-Royce-Cabriolet mit englischer Zulassung winkend und hupend überholt worden. So viel Ehre macht richtig stolz!
24. Juli 2004 : - Vendôme – Vendôme – 15 km
Heute legen wir einen Ruhetag ein, wie bei der Tour de France, die wir abends immer im Fernseher angucken können. Morgens fahren wir bei strahlendem Sonnenschein zur Tankstelle und kaufen im sehr großen INTERMARCHÉ etwas zu trinken. Mich haben dort besonders die Auslagen interessiert: Es gibt alles von Salat bis Fleisch und Fisch SB–verpackt und eingeschweißt. Convenience nennt man das wohl Neudeutsch. Wir wundern uns über das riesengroße Sortiment an Wurst und Käse, denn in unserem Hotel hatten wir bis heute noch keine Wurst bekommen. Lediglich auf Nachfrage zum Frühstück 4 Scheiben Käse, der nach nichts schmeckte. Und in den Brasserien sind nur belegte Sandwiches im Angebot. Ich glaube, alle Franzosen leben nur von Baguettes.
Zum Essen selber möchte ich noch anführen, dass es in den Restaurants sehr, sehr teuer ist, eine Vorspeise bekommt man nicht unter 8,00 € und ein Hauptgericht nicht unter 11,00 €. Von diesem alleine wird man nicht satt, da die Franzosen immer ein Entrée zu sich nehmen. Es gibt verschiedene Menü-Angebote für ca. 14,00 € – 16,00 € pro Person, bei denen man nach Belieben Vorspeise und Hauptgericht, oder Hauptgericht und Dessert zusammenstellen kann. Das Wasser dazu ist immer kostenlos. Bestellt man aber ein Mineralwasser, wird man gleich mit 4,50 € pro Flasche zur Kasse gebeten. Wein kostet immer 12,00 -14,00 € pro Flasche und ein Glas Bier (0,25 l) ist unter 3,50 € nicht zu haben. Ausschließlich in den Restaurants zu essen ist also ein teures Vergnügen.
Anschließend fuhren wir zum Gare de TGV, der unweit von Vendôme 1990 ganz neu errichtet wurde.
Ein riesiges Gebäude auf einem sehr gepflegten Gelände. Wir hatten Glück, an diesem Samstag hatte um 12.37 Uhr der TGV aus Tours kommend Richtung Paris-Montparnasse 2 Minuten Aufenthalt, und man konnte kostenlos den Bahnsteig betreten. Und dann kam er auch schon lautlos heran geglitten. Es stiegen zahlreiche Reisende zu. Wir machten einige Fotos und schon fuhr er ganz leise wieder los, stark beschleunigend und rauschte hinweg. In 42 Minuten wird er in Paris sein.
Danach fuhren wir in die Innenstadt von Vendôme und machten nochmals einen Stadtbummel. Heute durch einen anderen Park und dort fanden wir dann doch tatsächlich Hinweise auf die Städtepartnerschaft zwischen Gevelsberg und Vendôme. Das Kunstwerk von Walter Hoppe und den "Arbre de Jumélage", der 1977 von den Bürgermeistern Helmut vom Schemm und Robert Lasneau gepflanzt wurde. Er ist inzwischen riesig geworden. Außerdem 3 weitere Bäume, die 2001 gepflanzt wurden.
Samstag nachmittags wird wohl in Vendôme allgemein geheiratet. Wir sahen allein 5 Brautpaare mit Gefolge, die in eine der vielen Kirchen eilten und sich danach im Park auf einer mobilen Treppe mit der gesamten Sippschaft von einem Fotografen ablichten ließen. Das Aufstellen auf dieser Treppe war immer mit großem Hallo verbunden, bis alle mal richtig standen usw….Den ganzen Tag über hatten wir herrlichen Sonnenschein, es war wieder sehr heiß. Abends gingen wir nochmals vom Hotel in die Innenstadt zum Essen und bereiteten uns auf die morgige Rückreise vor.
25. Juli 2004 : - Vendôme – Senlis – 306 km
Ein bisschen wehmütig verließen wir bei strahlendem Sonnenschein unsere Partnerstadt und fuhren über die N 10 Richtung Versailles. Heute am Sonntag waren keine LKWs auf der Straße, so daß das Fahren Vergnügen bereitete. Es war allgemein wenig Autoverkehr. Leider verloren wir in Chartres die N10 und waren dann plötzlich auf einer Landstraße Richtung Mainténon. Auch gut! Diese Fahrten durch die kleinen französischen Dörfer sind immer bemerkenswert. Man sieht kaum einen Menschen. Ob sie wohl alle in der Kirche sind???. Wie dem auch sei, ich fragte an einer Tankstelle nach dem Weg nach Versailles über Rambouillet. Der Tankwart erklärte die Route und wir erreichten tatsächlich über Nebenstraßen den Ort Versailles. Zum Schloß ist dort nirgendwo etwas ausgeschildert, aber ich glaube, der ganze Ort gehört zum Schloß. Parken konnten wir direkt auf dem großen Parkplatz vor dem Schloß, der rappelvoll war. Die Ausmaße des Schlosses sind gar nicht zu beschreiben und die Menge der Besucher auch nicht. Hauptsächlich Japaner oder Chinesen o. ä.
Da wir schon vor 30 Jahren einmal das Schloß von innen besichtigt hatten, wollten wir uns heute nicht in die 80 – 100 m langen Warteschlangen an den Kassen einreihen und gingen nur außen herum und fotografierten, anschließend in den Garten, wofür man jetzt auch Eintritt bezahlen muß. Wir bewunderten die Blumenpracht nur von außen und gingen langsam zu unserem Felix zurück.
Anhand unserer Karte suchten wir uns den Weg um Paris herum; wir wollten auf die nördliche Umgehung, da von Süden her die letzte Etappe der "Tour de France" einradelte. Nach einigem Hin und Herfahren gelang es uns, auf die nördliche Umgehung zu fahren und damit begann das große Autorennen: 6-spurige autobahnähnliche Straße, alles rasen wie verrückt, keiner nimmt Rücksicht auf den anderen, geschweige denn auf unseren kleinen Spider.
H. P. rast wie wahnsinnig mit, ("bevor sie uns hinten drauf fahren!"). Ich fürchte um mein Leben und dann noch durch 7 Tunnel. Ich halte mir die Ohren und stellenweise die Augen zu. Dazu immer der Gedanke im Hinterkopf: "Wenn jetzt die Benzinpumpe noch mal Ärger macht!" Zu allem Stress flog plötzlich eine etwas größere Plastiktüte von der Straße hoch und "wie der Deibel es will" genau vor die vorderen Lüftungsgitter und das bei ca. 30 Grad Außentemperatur. H. P. trifft fast der Schlag. Was nun??? Die Tüte muß weg!!! Sonst wird der Spider zu heiß. Wo anhalten? Endlich, endlich, vor uns ein Stück Standstreifen. Ich schreie: "Paß auf, dass Du nicht überfahren wirst." H. P. springt raus, reißt die Tüte weg und fällt erleichtert wieder in den Sitz. Ich bin wieder mal klatschnaß geschwitzt. Uff, war das eine Aufregung! Nun weiter in dem Rennen bis zur Ausfahrt Porte de la Villette, (ich bin heilfroh) und dann auf der N2 Richtung Senlis. Vorbei am Flughafen "Le Bourget" wo eine Ariane-Rakete mit Abschussrampe als Ausstellungsstück steht, die kann man von der Straße aus sehen. Weiter auf der N2 zum Flughafen "Charles de Gaulle". Dort biegen wir rechts ab, um uns das Gelände anzusehen. Der Flughafen ist riesig, ich glaube, so groß wie Düsseldorf und Frankfurt zusammen. Man fährt mitten durch, ganz nah an den großen Maschinen vorbei, aber das Anhalten außerhalb der Parkzonen ist bei Strafe untersagt. Leider fanden wir aus dem Straßengewirr (es geht immer im Kreis) erst nach einiger Zeit heraus, ich dachte schon, wir müssten die Nacht mit Kreisfahrten verbringen; aber plötzlich war die Ausfahrt ganz einfach und der restliche Weg nach Senlis ein Kinderspiel. Ankunft gegen 18.00 Uhr im Hotel.
Beide waren wir etwas geschafft, aber nach dem ersten Bierchen ging es uns schon wieder besser.
Ein besonderes Lob an Felix, der uns bei diesem Autorennen nicht im Stich gelassen hat.
26. Juli 2004 : - Senlis – Celles (B) – 276 km
Heute Morgen regnet es, man kann es gar nicht glauben, wo es doch gestern Abend noch so schön war. Kalt ist es auch noch dabei. Wir müssen zum ersten Mal unsere langen Jeans anziehen und genießen das bis jetzt beste Frühstücksbüffet unserer Reise. Danach fahren in Richtung Compiègne, das ca. 38 km von Senlis entfernt ist. Im Ort frage ich behutsam einen Passanten nach dem Waggon. Der kapiert sofort und erklärt uns den Weg dorthin. Natürlich steht der Waggon nicht mitten in der Stadt, wie dumm von uns, sondern in einem Wald, ist ja auch allgemein bekannt, dass in dem Wald von Compiègne 1918 der Versailler Vertrag und 1940 der Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreich unterzeichnet wurde. Wir finden den Weg auch sofort, dank der guten Beschilderung und sind überrascht, wie groß und umfangreich die Gedenkstätte ist. Eine riesige Lichtung in einem riesigen Wald und darin die Stellen durch Betonquader markiert, wo der deutsche und französische Waggon 1918 gestanden haben. Der Versailler Vertrag wurde natürlich in dem französischen Waggon unterzeichnet. Eben diesen Waggon hat Hitler dann im Juni 1940 für die Unterzeichnung des Waffenstillstands wieder herankarren lassen und die Franzosen darin vorgeführt. Dann wurde der Waggon nach Berlin geschafft und im Lustgarten ausgestellt, bis ihn 1945 amerikanische Bomben zerstörten. Der Waggon selber steht heute in einem Haus, das gleichzeitig ein Museum ist. Wer sich für Geschichte interessiert, sollte dieses Museum unbedingt einmal aufsuchen. Was dort an Bild- und Tonmaterial zusammengetragen wurde, ist sehenswert. Natürlich ist es so, dass die Berichterstattung schon etwas einseitig ist. Aber trotzdem empfehlenswert.
Um noch mal auf den Waggon zurückzukommen: Der in dem Museum stehende Waggon ist ein Nachbau, da wie erwähnt, der echte Waggon zerstört wurde, Die Reste sind im Sommer 1945 nach Thüringen gebracht worden und dort hat ihn ein Zahnarzt 1992!!! wieder entdeckt. Leider war er total zerstört, erhalten sind noch zwei Teile, die in dem Museum ebenfalls ausgestellt sind. Ein kleines, feines Museum. Dienstags hat es Ruhetag. Was hatten wir doch wieder für ein Glück, denn heute war Montag.
Nach der Besichtigung fuhren wir über Soissons, Làon und dann weiter über Nebenstraßen durch die französischen Ardennen bis nach Fumay. Dann weiter über Givet nach Celles in Belgien, wo wir im vergangenen Jahr beim Int. NSU-Treffen ein Zimmer gemietet hatten. Wieder waren die kleinen Dörfer alle ziemlich menschenleer.
In Celles angekommen suchten wir das Hotel vom letzten Jahr. Der Inhaber erinnerte sich an uns und hatte auch ein Zimmer frei. Den Tag ließen wir bei einem schönen Abendessen ausklingen.
27. Juli 2004 : - Celles – Gevelsberg – 367 km
Morgens lachte die Sonne vom Himmel. Wir hatten gut geschlafen, da Celles ein ganz ruhiges Örtchen ist. Wir starteten gleich offen und fuhren zügig durch die belgischen Ardennen über Rochefort nach Spa (eigentlich wollten wir noch eine Runde auf der Rennstrecke drehen, aber sie war gesperrt.). In den belgischen Ardennendörfern sind an sehr vielen Stellen Kriegergedenkstätten und es ist amerikanisches Kriegsgerät an den Straßen ausgestellt.
Von Spa aus nahmen wir die Richtung nach Eupen, dann über Roetgen, Bergheim, Düsseldorf, Wuppertal nach Hause.
Fazit:
- Insgesamt sind wir 2710 km gefahren. H. P. hat mich sicher kutschiert.
- Frankreich ist das Land der vielen Kreisverkehre.
- Es war eine ganz tolle Reise und unser Felix hat uns bis auf den Donnerstag an der Loire und den ständigen Wasserverlust keine weiteren Probleme gemacht.
Heute (7. 8. 04) habe ich nach 40 Jahren eine erste E-Mail von der Tochter Picard erhalten.